Neues Stichwort: Überschuldetes Kind

Beispiel:

Die Eltern sind Eigentümer eines Einfamilienwohnhauses (Wert: 350.000,00 €). Der einzige Sohn, der selbst 2 Kinder hat, hat 400.000,00 € Schulden. Wird er Alleinerbe, besteht die Gefahr, dass das Haus für die Begleichung der vorhandenen Schulden des Erben draufgeht und die Enkel leer ausgehen. Für die Eltern stellt sich die Frage, was sie unternehmen können, um das Familienvermögen zu retten.

1) Sind die Eltern über die Höhe der Schulden informiert und sind sie selbst nicht unvermögend, ist mit den Gläubigern abzuklären, ob sie gegen sofortige Zahlung von beispielsweise 30 % der Schuld den Sohn aus der Haftung entlassen.

2) Die Eltern können den Sohn enterben, indem sie die Enkel zu ihren Erben einsetzen. Damit ist der Sohn auf seinen Pflichtteil verwiesen. Macht er ihn geltend, werden die Gläubiger ebenfalls darauf zugreifen und der Sohn geht leer aus.

3) Die Eltern haben allerdings auch die Möglichkeit, dem Sohn ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht zu vererben. Dieses ist nicht pfändbar. Erhält der Sohn Sozialleistungen, muss damit gerechnet werden, dass der Träger der Sozialleistungen gemäß höchstrichterlichem Urteil den Pflichtteilsanspruch geltend macht.

Die Eltern werden überlegen, ob sie nicht ein Bedürftigentestament errichten, (Einzelheiten dort) oder den Pflichtteil in guter Absicht beschränken (§ 2338 BGB). Es ist in jedem Falle Rechtsrat einzuholen.

Neues Stichwort: Erbe und Pflichtteilsberechtigter – Verhaltenstipps für den Erben –

1) Nach dem Gesetz müssen enge Angehörige eine Mindestteilhabe am Nachlass des Erblassers erhalten. Dies ist der Pflichtteil. Der Pflichtteilsanspruch ist gerichtet auf Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe dem halben Wert des dem Pflichtteilsberechtigten durch Testament entzogenen Erbteils entspricht. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte sowie die erbberechtigten Abkömmlinge. Hat der Erblasser mehrere Abkömmlinge, z.B. Sohn und Enkel, ist nur der Sohn als nächster Verwandter erbberechtigt. Zu den Abkömmlingen zählen auch die nichtehelichen und adoptierten Kinder. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, sind auch die noch lebenden Eltern pflichtteilsberechtigt, nicht jedoch Bruder und Schwester.

2) Der Erbe muss von Gesetzes wegen selbst nichts unternehmen. Es bleibt dem Pflichtteilsberechtigten überlassen, ob er den Pflichtteil geltend macht oder nicht. Der Anspruch verjährt in drei Jahren.

Der Pflichtteilsanspruch muss geltend gemacht werden. Davor ist er weder abtretbar noch pfändbar. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof die Sozialbehörde anstelle des Harzt-IV-Empfängers den Pflichtteils selber geltend machen.

3) Nicht selten ist das Verhältnis zwischen Erbe und Pflichtteilsberechtigtem verkrampft. Stehen diese in losem Kontakt, kann es zur Entkrampfung führen, wenn der Erbe von sich aus zu erkennen gibt, dass er den Anspruch anerkennt.

4) Moralische Einwände des Erben sind unbeachtlich. Dem nichtehelichen Sohn steht der Anspruch zu, ganz gleich, ob er irgendeinen Kontakt zu seinem Vater in der Vergangenheit hatte. – Hat z.B. der Sohn die Beziehungen zu seinem Vater 5 Jahre vor dessen Tod abgebrochen, weil der Vater nochmals geheiratet hat, so kann die Witwe den Pflichtteil nicht deshalb verweigern, weil der Sohn noch nicht einmal seinen Vater im Krankenhaus vor dessen Tod besucht hat. – Der Erbe kann die Zahlung verweigern, wenn der Pflichtteilsberechtigte erbunwürdig ist (Einzelheiten vgl. Erbunwürdigkeit) oder wenn der Pflichtteilsberechtigte zuvor wirksam durch Vertrag auf seinen Pflichtteil verzichtet hat. Vorsicht ist geboten, wenn der Erbe sich auf die Entziehung des Pflichtteilsrechts im Testament des Erblassers beruft. Hier sollte Fachberatung eingeholt werden. Im Einzelfall kommt es darauf an, ob überhaupt ein wirksamer Entziehungsgrund vorlag und ob der Pflichtteilsberechtigte sich auf Verzeihung berufen kann (Einzelheiten vgl. Pflichtteilsentziehung).

5) Der Erbe muss dem Pflichtteilsberechtigten ein Nachlassverzeichnis übergeben. Befinden sich im Nachlass Grundstücke, sind entsprechende Gutachten beizufügen, die allerdings keine bindende Wirkung haben. Erbe und Pflichtteilsberechtigter sollten sich auf einen bestimmten Gutachter einigen. Bei Bankguthaben oder sonstigem von der Bank verwalteten Vermögen sollte der Erbe sich von der Bank eine Kopie der an das zuständige Finanzamt gerichteten Kontrollmeldung geben lassen und diese dem Pflichtteilsberechtigten zur Verfügung stellen. Bankbelege müssen allerdings nach allgemeiner Ansicht nicht übergeben werden.

In dem Nachlassverzeichnis sind die Aktiva detailliert aufzuführen, ebenso die Passiva (Nachlassverbindlichkeiten, z.B. Erbscheinskosten, Beerdigungskosten). Der Erbe sollte angemessene Fristen nicht unbeachtet lassen. Der Pflichtteilsberechtigte kann nämlich seinen Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen. Wird der Pflichtteilsberechtigte von einem Rechtsanwalt betreut, muss damit gerechnet werden, dass dieser nicht lange abwartet und Stufenklage erhebt (Einzelheiten vgl. Stufenklage). In vielen Fällen trägt der Erbe die anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten; auf jeden Fall sollten solche Kosten vermieden werden.

6) Im Hinblick auf etwa bestehende Pflichtteilsergänzungsansprüche wird der Erbe auch gefragt, welche Schenkungen er in den letzten 10 Jahren vom Erblasser erhalten hat und welche Schenkungen gegenüber anderen Personen vorgenommen wurden (Einzelheiten vgl. Pflichtteilsergänzungsanspruch). Für den Erben wiederum ist es wichtig zu wissen, ob der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten vom Erblasser Zuwendungen erhalten hat, bei denen der Erblasser angeordnet hatte, dass der Pflichtteilsberechtigte sich den Wert auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss. Der Erbe sollte deshalb in den Nachlassunterlagen nachschauen, ob sich darin Abschriften über Zuwendungsverträge befinden bei denen die Pflichtteilsanrechnung angeordnet worden ist, z.B.: „Die Überlassung erfolgt unentgeltlich, jedoch in Anrechnung auf die Pflichtteilsansprüche des Erwerbers am künftigen Nachlass des Übergebers.“

7) Wer als Erbe einen Rechtsanwalt beizieht, muss in aller Regel die anfallenden Anwaltsgebühren selbst tragen. Es empfiehlt sich, mit dem Rechtsanwalt vorher abzuklären, in welcher Höhe Gebühren anfallen. Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel lediglich eine Beratungsgebühr. Mitunter werden auch noch weitere Nebenleistungen übernommen.

Neues Stichwort: Erbschaftsvertrag

Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist verboten. Unter das Verbot fallen auch Verpflichtungen zur Annahme oder Ausschlagung von Erbschaften oder auch zur Nichtgeltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

Nach § 311 b VI BGB sind jedoch zulässig Verträge, die unter künftigen gesetzlichen Erben (gemäß §§ 1924 ff. BGB) über den gesetzlichen Erb- oder Pflichtteil geschlossen werden. Es handelt sich um Verträge, die einem der Partner einen schuldrechtlichen Anspruch gewähren, dessen Erfüllung aber erst nach dem Tod des betreffenden Erblassers gewährt werden kann. Notarielle Beurkundung ist erforderlich, auch wenn der Erblasser zustimmt. Die Verträge werden jedoch selten abgeschlossen, weil in den meisten Fällen der beabsichtigte Zweck durch andere Vertragsformen (z.B. Übergabevertrag) einfacher erreicht werden kann.

Neues Stichwort: Schiedsgerichtsklausel

Der Erblasser kann durch die Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel im Testament festlegen, dass spätere Streitigkeiten zwischen den Erben über Gültigkeit, Anfechtbarkeit oder Auslegung des Testaments den ordentlichen Gerichten entzogen und einem Schiedsrichter (bzw. Schiedsgericht) oder einem Testamentsvollstrecker zur Entscheidung übertragen werden. Wer in sein Testament eine solche Klausel aufnehmen will, sollte einen erfahrenen Fachmann zur Beratung hinzuziehen. Mit ihm ist auch zu besprechen, wie das Schiedsgericht zusammengesetzt sein soll; es kann auch nur mit einem Schiedsrichter gearbeitet werden.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München kann die Schiedsgerichtsklausel nicht Streitigkeiten über den Pflichtteil erfassen. Pflichtteilsstreitigkeiten gehören immer vor die ordentlichen Gerichte.

Hausüberschreibung

1) In der Praxis handelt es sich um eine Grundstücksübergabevertrag, mit dem Eltern schon zu Lebzeiten dem Sohn oder der Tochter ihren Grundbesitz, den diese normalerweise erst beim Ableben der Eltern als Erbschaft erhalten würden, übertragen. Das auf dem Grundstück stehende Gebäude geht dabei als dessen wesentlicher Bestandteil bei Eigentumsübertragung mit über. In der Urkunde wird auch von vorweggenommener Erbfolge gesprochen.

2) Der Vertrag muss von einem Notar beurkundet werden. Falls die Übergeber das Haus noch weiter nutzen wollen, ist lebenlanges unentgeltliches Nießbrauch oder dingliches Wohnungsrecht vorzubehalten. Bei einem Wohnungsrecht ist der Umfang genau festzulegen, also z.B. Alleinbenutzung der einzigen vorhandenen Garage oder Mitbenutzung des Kellers. Auf jeden Fall sind Nießbrauch- oder Wohnungsrecht im Grundbuch einzutragen. Die Übergeber sollten auch überlegen, ob sie sich für den Eintritt bestimmter Umstände, z.B. Vorversterben des Erwerbers, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, den Rücktritt vorbehalten wollen. Schließlich sollte jeder, der zu Lebzeiten den Kindern Grundbesitz überträgt, wissen, dass mit Durchführung des Vertrages im Grundbuch verloren ist.

3) Kommt es nach Jahren mit dem Erwerber zum Streit, können sie ihren Grundbesitz nicht mehr einem anderen Kind oder den Enkeln übertragen; sie sind auch nicht berechtigt, das Grundstück mit einer Grundschuld zu belasten. Die Gründe für einen vorzeitigen Übergang sind verschieden. Es kommt vor, dass die Eltern eine so geringe Rente erhalten, dass sie die notwendige neue Heizungsanlage nicht mehr finanzieren können.

4) Mitunter wollen Eltern auch deshalb schon in jüngeren Jahren das Haus den Kindern überschreiben, weil nach 10 Jahren ein etwaiger Anspruch auf Rückübertragung wegen Verarmung wegfällt. Manche Eltern wollen auch Pflichtteilsergänzungsansprüche ausschließen. Nach Ablauf von 10 Jahren fallen diese weg. Zu beachten ist dabei allerdings die aktuelle Rechtsprechung. Nach dieser läuft die 10-Jahres-Frist aber dann nicht, wenn der Übergeber sich das Nießbrauchsrecht oder ein umfangreiches Wohnungsrecht vorbehält. Haben die Eltern noch größeres Geldvermögen und setzen sich gegenseitig zu Erben ein, so steht auch Tochter oder Sohn, dem der Grundbesitz übertragen wurde, ein Pflichtteilsanspruch zu. Vor einem Pflichtteilsanspruch sind die Eltern nur geschützt, wenn die Abkömmlinge auf ihren Pflichtteil verzichten; es kann auch auf das Pflichtteil am Nachlass des erstversterbenden Elternteils verzichtet werden. Auf jeden Fall ist im Vertrag festzuhalten, dass sich das Kind den Wert der Hausübertragung auf seinen Erbteil oder Pflichtteil anrechnen lassen muss.

5) Schenkungssteuer fällt in der Regel nicht an. Jedem Kind steht ein Freibetrag in Höhe von 400.000,00 € hinter Vater und hinter Mutter zu (also insgesamt 800.000,00 €. Der Freibetrag kann alle 10 Jahre ausgenutzt werden. Geht das Haus jedoch an die Eltern zurück, fällt beträchtliche Schenkungssteuer an, falls die Eltern nicht von einem im Vertrag vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Bei Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts fällt keine Steuer an. Es sollten deshalb sorgfältig bei Vertragsabschluss überlegt werden, für welche Fälle ein Rücktrittsvorbehalt aufgenommen werden soll. Der Freibetrag der Eltern beträgt im Übrigen nur 20.000,00 €.

Patchwork-Ehe im Erbrecht

1) In einer Patchworkfamilie lebt mindestens ein Kind, welches nicht das gemeinsame Kind der Eheleute ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt jedoch die Patchwork-Ehe nicht, obwohl sie in der Praxis immer häufiger vorkommt. Das Gesetz enthält also keine spezielle Erbrechtsregelung. Es sind vielmehr die allgemeinen Vorschriften über die gesetzliche Erbfolgeregelung anzuwenden. Dies führt im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen,weil die Stiefkinder hinter dem Ehegatten ihres Elternteils – dem Stiefelternteil – kein gesetzliches Erbrecht haben. Im Einzelfall entscheidet die Reihenfolge des Ablebens der Ehegatten, welches Kind mehr oder viel weniger erbt.

Beispiel: Der Ehemann bringt zwei Söhne und die Ehefrau zwei Töchter mit in die Ehe. Sie erwerben gemeinsam hälftig ein Reihenhaus zu 300.000,00 €. Dieses stellt ihr ganzes gemeinsames Vermögen dar. Beide verunglücken auf der Autobahn. Der Ehemann stirbt noch an der Unfallstelle. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand. Den Anteil des Ehemanns erbt zu 1/2 die Ehefrau, die andere Hälfte teilen sich die Söhne. Jeder erbt 1/4 Anteil (Wert: 37.500,00 €). Stirbt die Ehefrau drei Tage später im Krankenhaus, erben ihre Kinder ihr Vermögen zu je 1/2. Dies ergibt jeweils einen Wert vom Grundstücksanteil der Mutter von 75.000,00 € und die Hälfte des vom Ehemann geerbten Hausanteils von 37.500,00 € , also insgesamt 112.500,00 €. Dieses ungerechte Ergebnis können die Eheleute jedoch durch ein cleveres gemeinschaftliches Testament verhindern. Da jeder Fall verschieden ist, sollte fachliche Beratung eingeholt und umgehend ein entsprechendes Testament errichtet werden.

2. Fehlgeschlagene Pflichtteilsstrafklauseln in privatschriftlichen Testamenten. Nicht selten entschließen sich die Eheleute, ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament zu errichten. Da ihnen die gesetzliche Regel nicht bewusst ist, übernehmen sie die sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln, die sich häufig in sogenannten Berliner Testamenten finden. Es wird festgelegt, dass die Abkömmlinge, die beim Tode des Erstversterbenden ihren Pflichtteil verlangen, auch beim Tode des Längstlebenden nur ihren Pflichtteil erlangen. Die Klausel geht ins Leere, wenn der Stiefelternteil der Längstlebende ist, denn hinter ihm gibt es kein gesetzliches Erbrecht und somit auch keinen Pflichtteil. Nach der Rechtsprechung sollen in diesem Falle die Kinder des erstverstorbenen Elternteils nicht leer ausgehen. Eine solche Klausel ist als Geldvermächtnis in Höhe des fiktiven Pflichtteils auszulegen (OLG Celle, AZ: 6 W 142/09).

Restschuldbefreiung/Anfall einer Erbschaft

 

Wird der Schuldner während der Wohlverhaltensphase (in der Regel 6 Jahre) Erbe, ist er verpflichtet, die Hälfte des Erbes dem Insolvenzverwalter zur Verfügung zu stellen (§ 295 I Nr. 2 InsO). Jedoch muss niemand eine Erbschaft annehmen, so dass der Schuldner auch in der Lage ist, auszuschlagen, ohne dadurch eine Obliegenheitsverletzung zu begehen. Ist der Schuldner nur Pflichtteilsberechtigter geworden, so ist er auch in diesem Fall nicht verpflichtet, den Pflichtteil geltend zu machen. Verlangt er jedoch den Pflichtteil, hat er ebenfalls die Hälfte des Geldbetrages dem Insolvenzverwalter auszuzahlen.