Patchwork-Ehe im Erbrecht

1) In einer Patchworkfamilie lebt mindestens ein Kind, welches nicht das gemeinsame Kind der Eheleute ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt jedoch die Patchwork-Ehe nicht, obwohl sie in der Praxis immer häufiger vorkommt. Das Gesetz enthält also keine spezielle Erbrechtsregelung. Es sind vielmehr die allgemeinen Vorschriften über die gesetzliche Erbfolgeregelung anzuwenden. Dies führt im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen,weil die Stiefkinder hinter dem Ehegatten ihres Elternteils – dem Stiefelternteil – kein gesetzliches Erbrecht haben. Im Einzelfall entscheidet die Reihenfolge des Ablebens der Ehegatten, welches Kind mehr oder viel weniger erbt.

Beispiel: Der Ehemann bringt zwei Söhne und die Ehefrau zwei Töchter mit in die Ehe. Sie erwerben gemeinsam hälftig ein Reihenhaus zu 300.000,00 €. Dieses stellt ihr ganzes gemeinsames Vermögen dar. Beide verunglücken auf der Autobahn. Der Ehemann stirbt noch an der Unfallstelle. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand. Den Anteil des Ehemanns erbt zu 1/2 die Ehefrau, die andere Hälfte teilen sich die Söhne. Jeder erbt 1/4 Anteil (Wert: 37.500,00 €). Stirbt die Ehefrau drei Tage später im Krankenhaus, erben ihre Kinder ihr Vermögen zu je 1/2. Dies ergibt jeweils einen Wert vom Grundstücksanteil der Mutter von 75.000,00 € und die Hälfte des vom Ehemann geerbten Hausanteils von 37.500,00 € , also insgesamt 112.500,00 €. Dieses ungerechte Ergebnis können die Eheleute jedoch durch ein cleveres gemeinschaftliches Testament verhindern. Da jeder Fall verschieden ist, sollte fachliche Beratung eingeholt und umgehend ein entsprechendes Testament errichtet werden.

2. Fehlgeschlagene Pflichtteilsstrafklauseln in privatschriftlichen Testamenten. Nicht selten entschließen sich die Eheleute, ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament zu errichten. Da ihnen die gesetzliche Regel nicht bewusst ist, übernehmen sie die sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln, die sich häufig in sogenannten Berliner Testamenten finden. Es wird festgelegt, dass die Abkömmlinge, die beim Tode des Erstversterbenden ihren Pflichtteil verlangen, auch beim Tode des Längstlebenden nur ihren Pflichtteil erlangen. Die Klausel geht ins Leere, wenn der Stiefelternteil der Längstlebende ist, denn hinter ihm gibt es kein gesetzliches Erbrecht und somit auch keinen Pflichtteil. Nach der Rechtsprechung sollen in diesem Falle die Kinder des erstverstorbenen Elternteils nicht leer ausgehen. Eine solche Klausel ist als Geldvermächtnis in Höhe des fiktiven Pflichtteils auszulegen (OLG Celle, AZ: 6 W 142/09).