Nachlassgläubiger

1) Dazu zählt insbesondere der Gläubiger des Erblassers (Erblasserschulden), aber auch der Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer.

2) Hatte beispielsweise der vermögende Hauseigentümer Reich eine Woche vor seinem Tod die Fenster seiner Villa austauschen lassen, so geht die Verpflichtung auf Zahlung der Lieferung und des Einbaus auf den Erben über. Allerdings ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach Annahme der Erbschaft zu verweigern.

3) Hatte der Nachlassgläubiger bereits zu Lebzeiten des Erblassers Zahlungsklage erhoben, wird durch den Eintritt des Todes des Beklagten der Prozess unterbrochen (§ 239 ZPO). Der Gläubiger hat dann die Möglichkeit, wenn der Erbe die Aufnahme des Prozesses hinauszögert, den Antrag zu stellen, ihn zur Aufnahme aufzufordern und zur Verhandlung zu laden.

Hatte der Gläubiger Antrag auf Erteilung eines Mahnbescheids gestellt, so kommt es darauf an, ob der Mahnbescheid bereits bei Eintritt des Todes des Schuldners erlassen war. War er noch nicht erlassen, muss der Gläubiger gegen den Erben einen neuen Antrag stellen.

War der Mahnbescheid bereits erlassen, muss er gegen den Erben umgeschrieben werden.

4) Hatte der Gläubiger bereits vor Ableben des Schuldners einen sogenannten Vollstreckungstitel erstritten (Urteil, Vollstreckungsbescheid), so kann er daraus nicht ohne weiteres gegen den oder die Erben vollstrecken. Die Vollstreckungsbehörde, wie z.B. der Gerichtsvollzieher, können nämlich aus dem Titel nicht entnehmen, wer an Stelle des Erblassers Schuldner geworden ist. Der Gläubiger muss also beim Vollstreckungsgericht (Abteilung des Amtsgerichts) gemäß § 727 ZPO den Antrag stellen, den Titel gegen den Erben als Schuldner umzuschreiben. Dem Vollstreckungsgericht muss entweder die Rechtsnachfolge bekannt sein oder aber der Gläubiger muss diese durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden nachweisen.

5) Ist die Vermögenslage des Erblassers unübersichtlich, hat der Gläubiger die Möglichkeit, den Erben über das Nachlassgericht aufzufordern, ein Inventar zu errichten (Einzelheiten siehe: Inventarerrichtung). Dieses Verfahren bringt für den Gläubiger auch die Chance mit sich, dass der Erbe bei ungeschicktem Verhalten das Recht, seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken, verliert.

6) Erbe ist unbekannt. Nicht selten ist dem Nachlassgericht bei vermögenden Erblassern nicht sogleich bekannt, wer denn Erbe geworden ist. Will ein Nachlassgläubiger seinen Anspruch einklagen, kann er in diesem Falle gemäß § 1961 BGB Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers stellen, der dann für den unbekannten Erben auf Beklagtenseite auftritt.

7) Der Nachlassgläubiger sollte wissen, dass auch der Erbe, der die Erbschaft angenommen hat, in der Regel seine Haftung auf den Nachlass beschränken kann. Bei größeren Forderungen sollte der beauftragte Anwalt die Erfolgsaussichten, insbesondere aber auch das Kostenrisiko, ermitteln. Ist Nachlassverwaltung angeordnet oder das Insolvenzverfahren eröffnet, führt dies zu einer Haftungsbeschränkung des Erben.

Patchwork-Ehe im Erbrecht

1) In einer Patchworkfamilie lebt mindestens ein Kind, welches nicht das gemeinsame Kind der Eheleute ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt jedoch die Patchwork-Ehe nicht, obwohl sie in der Praxis immer häufiger vorkommt. Das Gesetz enthält also keine spezielle Erbrechtsregelung. Es sind vielmehr die allgemeinen Vorschriften über die gesetzliche Erbfolgeregelung anzuwenden. Dies führt im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen,weil die Stiefkinder hinter dem Ehegatten ihres Elternteils – dem Stiefelternteil – kein gesetzliches Erbrecht haben. Im Einzelfall entscheidet die Reihenfolge des Ablebens der Ehegatten, welches Kind mehr oder viel weniger erbt.

Beispiel: Der Ehemann bringt zwei Söhne und die Ehefrau zwei Töchter mit in die Ehe. Sie erwerben gemeinsam hälftig ein Reihenhaus zu 300.000,00 €. Dieses stellt ihr ganzes gemeinsames Vermögen dar. Beide verunglücken auf der Autobahn. Der Ehemann stirbt noch an der Unfallstelle. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand. Den Anteil des Ehemanns erbt zu 1/2 die Ehefrau, die andere Hälfte teilen sich die Söhne. Jeder erbt 1/4 Anteil (Wert: 37.500,00 €). Stirbt die Ehefrau drei Tage später im Krankenhaus, erben ihre Kinder ihr Vermögen zu je 1/2. Dies ergibt jeweils einen Wert vom Grundstücksanteil der Mutter von 75.000,00 € und die Hälfte des vom Ehemann geerbten Hausanteils von 37.500,00 € , also insgesamt 112.500,00 €. Dieses ungerechte Ergebnis können die Eheleute jedoch durch ein cleveres gemeinschaftliches Testament verhindern. Da jeder Fall verschieden ist, sollte fachliche Beratung eingeholt und umgehend ein entsprechendes Testament errichtet werden.

2. Fehlgeschlagene Pflichtteilsstrafklauseln in privatschriftlichen Testamenten. Nicht selten entschließen sich die Eheleute, ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament zu errichten. Da ihnen die gesetzliche Regel nicht bewusst ist, übernehmen sie die sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln, die sich häufig in sogenannten Berliner Testamenten finden. Es wird festgelegt, dass die Abkömmlinge, die beim Tode des Erstversterbenden ihren Pflichtteil verlangen, auch beim Tode des Längstlebenden nur ihren Pflichtteil erlangen. Die Klausel geht ins Leere, wenn der Stiefelternteil der Längstlebende ist, denn hinter ihm gibt es kein gesetzliches Erbrecht und somit auch keinen Pflichtteil. Nach der Rechtsprechung sollen in diesem Falle die Kinder des erstverstorbenen Elternteils nicht leer ausgehen. Eine solche Klausel ist als Geldvermächtnis in Höhe des fiktiven Pflichtteils auszulegen (OLG Celle, AZ: 6 W 142/09).