Erbengemeinschaft

1) Sie entsteht Kraft Gesetzes im Zeitpunkt des Erbfalles zwischen mehreren Erben. Werden Bruder und Schwester hinter ihrem verwitweten Vater gesetzliche Erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft, ebenso wie die beiden Neffen, die der Erbonkel in seinem Testament zu gleichen Teilen zu seinen Erben eingesetzt hat.

Die Miterben müssen ebenso wie der Alleinerbe ihre Erbenstellung im Rechtsverkehr nachweisen. Dies kann durch Vorlage eines Erbscheins aber auch durch Vorlage der beglaubigten Abschrift eines notariellen Testaments mit beglaubigtem Eröffnungsprotokoll erfolgen (Einzelheiten vgl. Erbschein). Im Regelfall reicht es aus, wenn nur einer der Miterben den Antrag auf Erteilung des Erbscheins mit Abgabe dazugehöriger eidesstattlicher Versicherung stellt. Auch kann jeder Miterbe allein den Antrag auf Berichtigung des Eigentümerverzeichnis der zum Nachlass gehörenden Grundstücke stellen, denn mit Eintritt des Erbfalles wird das Eigentümerverzeichnis unrichtig (vgl. Grundbuchberichtigung).

2) Wesen der Erbengemeinschaft

a) Sie ist eine Gemeinschaft zur gesamten Hand, deren Vermögen bis zur Auseinandersetzung Sondervermögen der Miterben darstellt. Die Gesamthandsbindung besteht darin, dass über den Nachlass als Ganzes oder auch über einzelne Nachlassgegenstände nur alle Miterben zusammen verfügen können. So sind sie beispielsweise in der Lage, zur Vorbereitung der Verteilung des Nachlasses ein dazugehöriges Mietshaus gemeinsam zu verkaufen.

b) Die Miterben haben allerdings die Möglichkeit, einen von ihnen zu bevollmächtigen, das Ferienhaus an der Ostsee zu verkaufen.

Hatte der Erblasser einem Dritten, beispielsweise seinem Lebensgefährten, eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht erteilt, bleibt diese wirksam, so lange sie nicht von den Erben widerrufen wird. Beim Widerruf ist der Bevollmächtigte aufzufordern, die Vollmachtsurkunde herauszugeben. Bei einer Bankvollmacht sollte die Vollmacht auch gegenüber dem Bankinstitut widerrufen werden. Falls ein Erbnachweis noch nicht vorliegt, sollten die Miterben vorsorglich eine Abschrift des Antrages auf Erbscheinserteilung beifügen.

Widerruft nur einer der Miterben, kann zwar der Bevollmächtigte die anderen weiter vertreten, ihm ist jedoch die Rechtsmacht, über den Nachlass oder einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen, damit entzogen. Zur Verfügung sind nämlich nur alle gemeinsam berechtigt. Einer der Miterben ist somit in der Lage, die Vollmacht zu entschärfen.

c) Keiner der Miterben ist bis zur Auseinandersetzung berechtigt, über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen zu verfügen. Bei drei Miterben ist somit keiner im Stande, sich von einem Nachlasskonto 1/3 auszahlen zu lassen. Er kann auch nicht seinen 1/3 Anteil am Wochenendgrundstück des Erblassers seinem einzigen Kind schenken.

Jeder Miterbe ist allerdings befugt, seinen Anteil am Nachlass einem anderen zu übertragen, etwa einem seiner Kinder. Er ist auch berechtigt, seinen Anteil einem Dritten zu verkaufen, wobei in diesem Falle jedem der Miterben ein Vorkaufsrecht zusteht.

Nach allgemeiner Meinung kann auch nur über einen Bruchteil des Anteils verfügt werden. Der Miterbe kann auch 30 % seines Erbanteils einem anderen übertragen.

3) Verwaltung

a) Die Regelung des Gesetzes ist nicht immer hilfreich. Zunächst ist festzustellen, welche Maßnahmen unter den Begriff der Verwaltung des Nachlasses fallen. Unter Verwaltung fallen alle Maßnahmen zur Verwahrung eines der Nachlassgegenstände, ihre tatsächliche oder rechtliche Erhaltung, Sicherung oder Vermehrung des Nachlasses, seiner Gewinnerzielung, aber auch Bestreitung der laufenden Unkosten. Die Verwaltung obliegt nach dem Gesetz den Miterben gemeinschaftlich, falls nicht der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat. In einem solchen Fall hat dieser die Aufgabe zur ordnungsgemäßen Verwaltung.

Jeder Miterbe ist verpflichtet, an der ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken. Die Miterben sind in der Lage, einvernehmlich über Art und Weise der Verwaltung zu beschließen und auch einen von ihnen zur Ausführung von Verwaltungsmaßnahmen zu beauftragen. In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass einer der Miterben beauftragt wird,die Verwaltung des zum Nachlass gehörenden Mietshauses zu übernehmen. Der Umfang seiner Vertretungsmacht sollte zur Vermeidung von Streitigkeiten schriftlich festgelegt werden, insbesondere ob er berechtigt sein soll, auch wirksam Mietverträge abzuschließen. Andererseits muss dem betreffenden Miterben bewusst sein, dass er den anderen gegenüber rechenschaftspflichtig und unter Umständen auch regresspflichtig ist.

b) Soweit es sich um Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt, entscheiden die Miterben bei Uneinigkeit mit Stimmenmehrheit. Diese richtet sich nicht nach den Köpfen, sondern nach den formalen Erbteilen. Die Mehrheit der Miterben kann somit auch mit Wirkung für alle handeln. Soll bei 3 Miterben eine leerstehende Wohnung vermietet werden, so kann einer der Miterben überstimmt werden. Kommt es zum Abschluss mit einem Mieter, wird der Überstimmte mit in das Mietverhältnis einbezogen. Allerdings bedürfen Maßnahmen, die den Nachlass als Ganzes wesentlich verändern, der Zustimmung aller Miterben.

c) Notgeschäftsführung. Die zur Erhaltung des Nachlasses unverzüglich notwendigen Maßnahmen darf jeder Miterbe allein durchführen. Er darf verderbliche Ware verkaufen oder aber auch einen Wasserrohrbruch beseitigen lassen und zwar mit Wirkung für alle Miterben.

d) Jeder Miterbe ist berechtigt, Forderungen des Nachlasses geltend zu machen, wobei allerdings die Leistungen des Schuldners an alle zu erbringen ist.

4) Die Erbengemeinschaft ist in der Regel nicht auf Dauer angelegt. Der Erblasser kann jedoch ein Teilungsverbot festlegen, aber nicht länger als dreißig Jahre. In Einzelfällen vereinbaren Miterben aber auch, sich über den Nachlass insgesamt oder einzelne Nachlassgegenstände in einem bestimmten Zeitabschnitt nicht auseinanderzusetzen, beispielsweise bis bestimmte Straßenausbauarbeiten in unmittelbarer Nähe des Mietshauses abgeschlossen sind.

5) Ist ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, ist er für die Auseinandersetzung verantwortlich (vgl. Testamentsvollstreckung). In diesem Falle entfällt auch die Notwendigkeit eines Erbscheins. Er hat den Erben einen Auseinandersetzungsplan vorzulegen.

6) Vorbereitung der Auseinandersetzung: Zunächst sind aus dem Nachlass sämtliche Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen. Es sind nicht nur offene Rechnungen des Erblassers auszugleichen (wie noch nicht bezahlte Arztrechnungen), sondern auch Vermächtnisse zu erfüllen und Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen. Auch Vorausvermächtnisse sind sofort fällig.

7) Ausgleichung von Vorempfängen: Um zu erreichen, dass sämtliche Erben im Ergebnis gleichgestellt sind, sind bestimmte Vermögenszuwendungen des Erblassers zu seinen Lebzeiten zum Ausgleich zu bringen. Nicht selten wird einem der Miterben entgegengehalten: „Du hast doch vor zwanzig Jahren vom Papa das Baugrundstück am Schwimmbad erhalten.“ Solche Vorempfänge sind nur anzurechnen, wenn die Anrechnung im Übergabevertrag auch angeordnet worden war. Die Übertragung von Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kann, muss aber nicht als Anrechnungsanordnung gewertet werden. Es kommt auf den Einzelfall an. In der Praxis sind klare Formulierungen anzuwenden (Einzelheiten vgl. Ausgleichung). Es sind aber auch Leistungen einzelner Miterben gegenüber dem Erblasser auszugleichen, z.B. Pflegeleistungen.

8) Auseinandersetzungsvertrag. Bei der Auseinandersetzung ist der Wille des Erblassers zu beachten. Hat der Erblasser Auseinandersetzungsanordnungen getroffen, sind diese für die Erben bindend. Sie können gerichtlich durchgesetzt werden (Einzelheiten vgl. Teilungsanordnung).

Die Erben können allerdings bei Einigkeit sich über die Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen.

Es bleibt ihnen auch unbenommen, zunächst nur Teilauseinandersetzungen vorzunehmen, z.B. das Mietshaus vorab zum Höchstpreis zu verkaufen und den Erlös anteilig aufzuteilen oder das Wertpapierdepot untereinander aufzuteilen. Bei Auseinandersetzung über Betriebsvermögen sind Fachleute heranzuziehen.

Klagen auf Teilauseinandersetzung haben in der Praxis nur selten Erfolg; es müssen besondere Gründe vorliegen und die Teilauseinandersetzung darf die Belange der Erbengemeinschaft nicht beeinträchtigen.

Form des Auseinandersetzungsvertrages: In der Regel formlos.

Beispiel: Der Erblasser hinterlässt zweite Ehefrau und zwei Kinder aus erster Ehe. Sein Nachlass besteht aus einem gebrauchten Opel (10.000,00 €), einem Motorboot für Lahnfahrten (5.000,00 €), Darlehensforderung gegenüber seiner Stieftochter in Höhe von 2.000,00 €, neuer Einrichtung und 20.000,00 € Bankguthaben. Einigen sich die Beteiligten dahin, dass die Kinder den PKW und das Motorboot und die Witwe das übrige Vermögen erhalten, reicht es aus, wenn sie die Einigung schriftlich niederlegen und festhalten, dass mit Durchführung des Vertrages sämtlich Ansprüche der Beteiligten am Nachlass als abgegolten gelten.

Umfasst die Auseinandersetzung auch Grundbesitz, ist notarielle Beurkundung erforderlich, wobei mit dem Notar der Inhalt abzuklären ist; bei einer Auseinandersetzung über Betriebsvermögen sind auch Steuerfachleute hinzuziehen, um steuernachteilige Vereinbarungen zu vermeiden.

9) Bei Unstimmigkeiten zwischen den Erben über die Aufteilung des Nachlasses kann die Einschaltung eines Mediators hilfreich sein. Dieser ist allerdings nicht befugt, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Seine Kosten dürften niedriger sein als die einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung. Schließlich sieht das FamFG auch die Möglichkeit vor, beim Nachlassgericht den Antrag zu stellen, dass ein vom Gericht zu bestellender Notar die Auseinandersetzung vermittelt. Im Antrag sollen die Beteiligten namentlich angegeben und die Teilungsmasse bezeichnet sein. Das Verfahren ist geregelt in §§ 365 ff. FamFG.

10) Gesetzliche Teilungshilfen:

Die ohne Wertminderung teilbaren Gegenstände sind in Natur zu teilen (§2042 BGB). Unteilbare bewegliche Gegenstände sind nach den Vorschriften über den Pfandverkauf zu versteigern.

Gehören zum Nachlass Grundstücke, kann jeder Miterbe die Auseinandersetzungsversteigerung beantragen (Einzelheiten vgl. Auseinandersetzungsvesteigerung).

11) Können sich die Miterben über die Auseinandersetzung nicht einigen, kann einer von ihnen die Teilungsklage erheben. Sie ist zulässig, sobald der Nachlass teilungsreif ist. Sie ist auf den Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages zu richten. Der Klageantrag lautet dementsprechend auf Zustimmung zu der begehrten Auseinandersetzung, wobei der Kläger einen Teilungsplan vorzulegen hat. Dieser kann sich jedoch nur auf Anordnung des Erblassers (z.B. Teilungsanordnung), Vereinbarung der Miterben bzw. gesetzliche Teilungsregeln (§§ 750 – 758 BGB) stützen. Im Einzelfall sollten in Erbrecht erfahrene Anwälte mit der Klageerhebung beauftragt werden.

Die Vollmacht im Erbfall

1) Der Tod des Bevollmächtigten bringt in der Regel die Vollmacht zum erlöschen. Hat der Vater beispielsweise seiner ältesten Tochter eine Generalvollmacht erteilt, so erlischt diese beim Tod der Tochter.

2) Der Tod des Vollmachtgebers lässt in der Regel die Wirksamkeit der Vollmacht unberührt. Hatte der Vater seiner ältesten Tochter Generalvollmacht erteilt, so erlischt diese im Zweifel nicht durch den Tod des Vollmachtgebers (§ 672 BGB). Wichtige Vollmachten werden ausdrücklich über den Tod des Vollmachtgebers hinaus erteilt, beispielsweise bei der Vorsorgevollmacht.

Hatte der Vollmachtgeber beispielsweise seiner Lebensgefährtin eine über den Tod hinaus wirksame Vollmacht erteilt, so wird die Bank auch nach dem Tod ihres Kunden bei Vorlage der Vollmachtsurkunde auszahlen. Die Bevollmächtigte darf jedoch das abgehobene Geld nicht für sich verwenden. Die Vollmacht ersetzt nicht ein Testament. Will der Kontoinhaber das bei seinem Tod vorhandene Guthaben dem Bevollmächtigten übertragen, so muss er dies entweder testamentarisch festlegen oder aber mit der Bank einen sogenannten Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall abschließen.

3) Besteht die Gefahr, dass der Bevollmächtigte die ihm vom verstorbenen Erblasser erteilte Vollmacht missbraucht, ist diese von dem oder den Erben zu widerrufen und zwar durch Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten. Hierbei ist die Rückgabe der Vollmachtsurkunde zu verlangen. So lange nämlich der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde in Händen hat, ist ein Dritter, dem sie vorgelegt wird, in seinem guten Glauben geschützt.

Beispiel eines Widerrufs:

Sehr geehrte Frau …,

ich bin Erbe hinter dem am 29.01….. verstorbenen Karl Brav. Dieser hatte Ihnen Bankvollmacht für das Konto 76650 bei der Alsdorfer Volksbank erteilt. Ich widerrufe hiermit die Ihnen erteilte Vollmacht. Die Ihnen überlassene Vollmachtsurkunde nebst sämtlicher zur Verfügung gestellter Abschriften wollen Sie innerhalb von 2 Wochen mir zurückreichen. Vorsorglich habe ich die Bank über den Widerruf unterrichtet.

Mit freundlichen Grüßen

In einem solchen Falle ist auch der Bank gegenüber die Vollmacht zu widerrufen.

Bei Generalvollmachten ist der Widerruf zweckmäßigerweise gegenüber den Bankinstituten, mit denen der Vollmachtgeber Geschäftsbeziehungen unterhalten hat, zu widerrufen, gegebenenfalls auch Geschäftspartnern, mit denen bekannterweise bedeutsame Geschäfte vollzogen wurden. Hat der Erblasser Grundbesitz, so sollten zweckmäßigerweise zu den bekannten Grundbuchblättern dem Grundbuchamt schriftlich mitgeteilt werden, dass die einer bestimmten Person erteilten Generalvollmacht oder auch Vorsorgevollmacht widerrufen wird. Gegebenenfalls könnte sich in einem solchen Falle der zuständige Rechtspfleger beim Grundbuchamt veranlasst fühlen, einen bei ihm eingereichten Grundbuchantrag des Bevollmächtigten zunächst nicht zu vollziehen und die Beteiligten zu informieren.

Wird der Bank gegenüber widerrufen, sollte Kopie des eröffneten notariellen Testaments mit dazugehörigem Eröffnungsprotokoll beigefügt werden, anderenfalls Kopie des erteilten Erbscheins. Liegt dieser noch nicht vor, sollte auf jeden Fall eine Kopie des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins beigefügt werden. Bei einer Erbengemeinschaft ist der Widerruf von sämtlichen Miterben zu erklären. Widerruft jedoch nur einer von drei Erben, darf der Bevollmächtigte die zwei anderen weiterhin vertreten. Da aber nur alle Miterben gemeinsam über Nachlassgegenstände verfügen können, ist der Bevollmächtigte durch den Widerruf nicht mehr in der Lage,über Nachlassgegenstände zu verfügen, beispielsweise Geld abzuheben.

Neues Stichwort: Wertermittlungsanspruch

Dem Pflichtteilsberechtigten steht nach dem Gesetz gegen den Erben nicht nur ein Auskunftsanspruch zu, um die Höhe seines Pflichtteils berechnen zu können (§ 2314 I BGB), sondern zugleich auch ein selbständiger Wertermittlungsanspruch (§ 2314 II BGB); dieser kann neben dem Auskunftsanspruch selbständig geltend gemacht werden (vgl. auch Auskunftsrecht, Ziffer 2).

Neues Stichwort: Wahlvermächtnis

Nach § 2154 BGB kann der Erblasser ein Vermächtnis in der Weise anordnen, dass der Bedachte von mehreren Gegenstände nur einen erhalten soll, z.B.: „Mein Neffe Eduard soll eine meiner drei Geigen erhalten.“ Das Wahlrecht kann dem Bedachten aber auch einem Dritten übertragen werden. Beispiel: „Mein jüngster Bruder, der Geiger ist, soll die Auswahl treffen.“ Hat der Erblasser in seinem Testament jedoch keine Bestimmung über den Wahlberechtigten getroffen, ist der Beschwerte – also der Erbe – berechtigt, einen der genannten Gegenstände auszuwählen.