Übergabevertrag

Bezeichnung für einen Vertrag, durch den häufig das gesamte Vermögen oder ein wesentlicher Teil davon im Wege der ? vorweggenommenen Erbfolge auf die nachfolgende Generation übertragen wird.

  1. Vermögensgegenstände: Sie können verschiedenster Art sein. So ist häufig Gegenstand eines Übergabevertrages ein landwirtschaftlicher Betrieb oder ein kleines oder größeres oder mittelständisches Unternehmen. Vertragsgegenstand kann auch ein umfangreiches Wertpapierdepot oder aber auch nur ein kleines Familienwohnheim in ländlicher Gegend sein. Die Motive für eine Übergabe sind verschiedenster Art. Es soll z.B. die Betriebsnachfolge noch zu Lebzeiten des Unternehmers geregelt werden oder aber Eltern wollen ihr Familienwohnhaus deshalb schon zu Lebzeiten ihrem Sohn übertragen, weil sie nicht mehr in der Lage sind, die zukünftigen Erhaltungskosten (z.B. neue Heizung) zu tragen. Die Interessen, die für Übergeber und Übernehmer zu wahren sind, werden oft sich gegenüberstehen. Da es in vielen Fällen um Existenzsicherung geht, ist sorgfältige Planung erforderlich. Zivil- wie auch steuerrechtliche Fachberatung ist notwendig.
  2. Form: Da das Gesetz den Übergabevertrag als solchen nicht regelt, sind im Gesetz keine Formvorschriften zu finden. Zu beachten ist, dass die Gesetze allerdings für die Übertragung bestimmter Vermögenswerte eine bestimmte Form vorschreiben. So ist für die Übergabe von Grundbesitz, Teil- oder Wohneigentum die ? Auflassung erforderlich. Für die Übertragung von GmbH-Anteilen ist die notarielle Beurkundung notwendig. Auch wenn notarielle Beurkundung für die beabsichtigte Übertragung nicht notwendig ist, sollte doch ein Notar eingeschaltet werden, der zu prüfen hat, ob nicht ein Gesetz die Einhaltung einer bestimmten Form vorschreibt und der auch wissen wird, welche Nebenabreden getroffen werden sollten. Siehe auch die nachfolgenden Ausführungen.
  3. Güterstand beachten: Beim gesetzlichen Güterstand (? Zugewinngemeinschaft) bedarf ein Ehegatte, der über sein Vermögen als Ganzes verfügen will, der Zustimmung seines Partners. Ohne dessen Zustimmung kann der Vertrag nicht wirksam werden.
  4. Rücktrittsvorbehalt: Mit dem Rücktrittsvorbehalt steht dem Übergeber eine Art Notbremse zur Verfügung. Theoretisch kann er sich den jederzeitigen Rücktritt vorbehalten. Ob unter diesen Voraussetzungen der Übergeber mitspielt, ist eine andere Frage. Außerdem wird das Finanzamt nicht mitspielen. Sinnvoll ist es, für den Eintritt eines bestimmten Ereignisses, z.B. für den Fall des Vorversterbens des Übernehmers, sich den Rücktritt vorzubehalten (? Rücktrittsvorbehalt, ? Rückfallklausel). Häufig wird der Rücktritt auch für den Eintritt anderer Ereignisse (z.B. Privatinsolvenz) oder für den Fall der Verletzung vertraglicher Pflichten vorbehalten.
  5. Vorbehaltenes Wohnungsrecht: Für den Übergeber und seinen Ehegatten ist es häufig wichtig, die Weiterbenutzung der bisher innegehaltenen Wohnung auch für die Zukunft sicherzustellen. Für einen solchen Fall kann der Übergeber sich das lebenslängliche unentgeltliche ? Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB vorbehalten. Art und Umfang sind im Vertrag genau festzulegen. Von Bedeutung sind für den Übergeber in der Praxis, ob und welche Garage er benutzen darf, welche Nebenräumlichkeiten wie Waschmaschinenraum und Keller mitbenutzt werden dürfen und ob er auch weiterhin den Hausgarten bewirtschaften darf. Diese Punkte sollten unbedingt im Vertrag geklärt werden. Das Wohnungsrecht ist auch in das Grundbuch einzutragen.
  6. Vorbehaltener ? Nießbrauch: Wird ein Nießbrauch vorbehalten, ändert sich wirtschaftlich gesehen nichts an der bisherigen Rechtsstellung. Ein Nießbrauch kann nicht nur bei einem Mietshaus oder einem Wertpapierdepot, sondern beispielsweise auch an einem übertragenen GmbH-Anteil vorbehalten werden. Bei Grundbesitz ist Eintragung in das Grundbuch unbedingt erforderlich.
  7. Erbrechtliche Auswirkungen eines vorbehaltenen Nießbrauchs: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleiben in der Regel auch nach Ablauf der 10-Jahres-Frist des § 2325 BGB Pflichtteilergänzungsansprüche bestehen. Das bedeutet für den Übernehmer, dass er nach Ableben des Übergebers noch mit Pflichtteilsergänzungsansprüchen im Einzelfall rechnen muss, falls nicht schon zu Lebzeiten eine vernünftige Regelung in der Familie getroffen wurde. Auch bei vorbehaltenem Wohnungsrecht können die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze gelten. Einzelheiten sind noch nicht geklärt.
  8. Pflichtteilsrecht am Nachlass des Übergebers: Hat der Übergeber seinen noch lebenden Ehepartner zum Alleinerben eingesetzt, so sind die Kinder des Erblassers, dazu zählt auch der Übernehmer, enterbt. In einem solchen Fall gewährt das Gesetz den Kinder ein Pflichtteilsrecht, dass sie jedoch nicht geltend machen müssen. Haben beispielsweise die Eltern vor 25 Jahren ihrer Tochter einen Bauplatz geschenkt, so muss sie sich den Wert der damaligen Schenkung nur anrechnen lassen, wenn dies im Übergabevertrag auch festgelegt worden war. Die Eltern können sich vor Pflichtteilsansprüchen dadurch schützen, dass der Erwerber auf sein Pflichtteilsrecht am Nachlass seiner Eltern verzichtet. Der Verzicht ist ebenfalls zu beurkunden. In einem solchen Falle können dann auch die Eltern, falls sie noch weitere Kinder haben, ihr übriges Vermögen frei vererben. Hierbei ist darauf zu achten, dass keines der übrigen Kinder zu kurz kommt (? Pflichtteilsrecht, ?Pflichtteilsergänzungsanspruch). Möglich ist auch ein Pflichtteilsverzicht am Nachlass des erstversterbenden Elternteils.
  9. Erbgerechtigkeit gegenüber den Kinder: Diese kann allerdings nicht mit Hilfe des Taschenrechners herbeigeführt werden. In Einzelfällen wird beispielsweise das Unternehmerrisiko des Übernehmers zu beachten sein. Wird ein Unternehmen übertragen, ist dafür zu sorgen, das der Übernehmer Planungssicherheit erhält. Die übrigen Kinder sollten, wenn dies machbar ist, mit einbezogen werden. In der Regel sind sie bereit, auf ihren Pflichtteil, soweit er sich auf den Wert des übertragenen Unternehmens bezieht, zu verzichten, wenn sie entsprechende Ausgleichsleistungen erhalten, entweder vom Übergeber aus seinem Privatvermögen oder aber vom Übernehmer selbst. Die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig.
  10. Besondere Leistungen an den Übergeber: In einigen Fällen übernimmt der Erwerber auch bestimmte Leistungspflichten gegenüber dem Übergeber bzw. dessen Ehegatten. Es werden Geldleistungen für den Unterhalt des Übergebers oder aber beispielsweise Pflegeleistungen versprochen. Bei Geldleistungen kommt es dem Übernehmer darauf an, ob er diese auch von der Steuer absetzen kann. Aufgabe des Steuerberaters ist es, die Leistungen so zu beschreiben, dass sie auch vom Finanzamt als abzugsfähige Kosten anerkannt werden. Oft wird die ? dauernde Last empfohlen. Diese birgt gewisse Risiken (Einzelheiten dort). Für den Übergeber ist bei Geldleistungen darauf zu achten, dass diese vor Kaufkraftschwund geschützt sind. Es sind also konkrete Wertsicherungsklauseln zu vereinbaren. Dem Übergeber ist zu raten, dass sein Nachfolger sich wegen der Geldleistungen im Vertrag schon der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Bei Pflegeleistungen empfiehlt es sich, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der Pflegeberechtigte nicht mehr in seiner Wohnung bleiben kann, sondern in einem Pflegeheim Aufnahme finden muss.
  11. Da gegenwärtig eine Rechtsunsicherheit bezüglich der Anwendung des Erbschaftssteuergesetzes besteht, ist sorgfältige steuerliche Beratung erforderlich. Zu beachten ist allerdings: Wenn Vermögensgegenstände aus dem übergebenen Betriebsvermögen herausgenommen werden, kann Einkommenssteuer anfallen.